Wanderreiten in Kärnten und Slowenien – ein intensives Erlebnis für Pferd und Reiter
Monatelang wurde darüber geredet und davon geträumt, dann stand der Termin endlich fest. Am 25. September 2015 sollte unser Abenteuer beginnen.
Alfred Feistritzer, geprüfter Wanderreitführer, unser Trainer und Freund, hatte alles organisiert, meine Freundin Martina Kampusch und ich (Yvonne Wernitznig) hofften auf gutes Wetter. Leider sagte der Wetterbericht nichts Gutes vorher, deshalb legten wir uns zur Sicherheit noch Regenponchos zu.
Freitag: Tag der Abreise, wir machten unsere Pferde Scatty (Quarter Horse, Stute), Dunnit (Quarter Horse, Wallach) und Chico (Quarter Horse, Stute) fertig und überprüften nochmals wichtiges Gepäck, wie das Werkzeug zum Beschlagen der Hufe, auf seine Anwesenheit.
Unser Wanderritt startete direkt bei unserer Ranch in Altendorf, einem kleinen Ort in Unterkärnten im Bezirk Völkermarkt, auf ca. 500m Seehöhe. Kaum aufgesessen, begann es zu regnen und unsere Regenponchos fanden sogleich Verwendung. Unsere Pferde störte der Regen nicht, zügig nahmen sie den asphaltierten Radweg entlang der Vellach, einem Nebenfluss der Drau, auf. Die Kulisse ist wunderschön, alte mit Moos bewachsene Bäume säumen den Weg, im Flussbett der Vellach erkennt man Steine aller Größen und Formen, das Wasser ist kristallklar, nur an diesem Tag war es braun und reißend.
In der nächsten Ortschaft, Bad Eisenkappel, Kur- und Luftort und bekannt für die Obir-Tropfsteinhöhlen, machten wir Halt an einem Supermarkt, um uns zu stärken. Unter dem Vordach fanden wir etwas Schutz vor dem anhaltenden Regen, eine Wohltat. Auch unsere Pferde entspannten sich und genossen die Pause.
Weiter auf unserem Weg Richtung Slowenien verliert sich meine Wahrnehmung was Zeit und Entfernung betrifft, das monotone Geräusch des Regens und der synchrone Klang der Hufe ließen uns tief in Gedanken sinken. Es wurde uns bewusst, wie klein wir doch waren ohne den gewohnten „Luxus“- und unsere Pferde… sie trugen und wärmten uns wie selbstverständlich den ganzen Tag.
Wir bogen auf eine Schotterstraße im Wald ab und folgten den Serpentinen bergauf. Nach einiger Zeit wies ein Schild mitten im Wald darauf hin, dass wir die Staatsgrenze nach Slowenien überquerten. Die Nässe hatte bereits meine Oberschenkel erreicht und langsam kletterte die Kälte unter den Poncho. Ein kurzer Blick zu Martina bestätigte mir, dass es ihr nicht besser ging. Unsere tierischen Begleiter hingegen genossen das Prasseln des Regens auf ihr Fell.
Endlich lichtete sich der Wald, eine Weide kam in Sicht. Das Viehgitter erwies sich als unüberwindbares Hindernis für unsere Pferde und der Zaun stand unter Strom. Aber Alfred, noch von einem Stromschlag erfrischt, fand einen Weg. Ein beherzter Sprung über einen kleinen Bach und wir waren unserem Tagesziel ein Stück näher gekommen.
Am Bauernhof hinter der Weide wurden wir herzlich aufgenommen und wir fanden einen trockenen Unterstand für Scatty, Dunnit und Chico. Eine Jause mit sehr gutem Salbeischnaps wärmte unsere Körper und erheiterte die Stimmung. Wir befanden uns schon im Logar-Tal, eines der schönsten Gletschertäler der Alpen auf 730m Seehöhe, unsere Unterkunft hatten wir aber noch nicht erreicht. Wir stiegen wieder auf und setzten unser Abenteuer fort. Der Kuhweide folgte wieder dichter Wald, ab und an ritten wir an Bauernhöfen vorbei, man freute sich uns zu sehen und wir wurden immer freundlich gegrüßt.
Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir unsere Unterkunft. Zuerst versorgten wir natürlich unsere Pferde. Nach dem Absatteln und Striegeln gab es erstmal eine kräftige Portion Hafer zur Stärkung für unsere drei Weggefährten. Danach belohnten wir uns selbst mit einer heißen Dusche. Glücklich, die erste Etappe gut hinter uns gebracht zu haben, ließen wir den Abend mit einem deftigen Essen und Glühwein ausklingen.
Am nächsten Morgen, Samstag, klingelte uns der Wecker zeitig aus den Federn, Martina und ich wagten den Blick aus dem Fenster und tatsächlich, es hatte aufgehört zu regnen! Rasch zogen wir uns an und gingen in den Stall. Das Füttern fiel aus, unsere schlauen Pferde hatten sich bereits selbst bedient, uns blieben das Zusammenräumen und das Saubermachen. Dabei stellten wir fest, dass Chico ein Eisen verloren hatte. Damit stand die Fortsetzung unseres Wanderrittes in Gefahr. Ohne Eisen konnte Chico unmöglich längere Zeit auf Schotterstraßen laufen ohne lahm zu werden, und die Gesundheit unserer Pferde steht immer an erster Stelle. Wir suchten den ganzen Stall ab wurden zum Glück im Heu fündig. Dank des eingepackten Werkzeuges konnten wir Chico wieder beschlagen und der Fortsetzung unseres Abenteuers stand nichts mehr im Weg.
Die Berge waren noch wolkenverhangen, trotzdem war die Aussicht traumhaft. Aufgrund des Zwischenfalls mit Chicos Hufeisen mussten wir etwas Zeit gutmachen. Dank der breiten Forststraße, mit nur leichten Anstiegen zwischendurch, kamen wir zügig voran. Auch Scatty, Dunnit und Chico erfreuten am schnellen Trab und flotten Galopp. Wir nutzten jede Gelegenheit um Fotos zu machen und die wunderschöne Landschaft zu genießen.
Nach einem stärkenden Mittagessen mit türkischen Kaffee folgten wir der Schotterstraße in einen kleinen Ort. Von der Ferne hörten wir Musik und es roch nach Gegrilltem, vor einer alten Schule fand ein Fest statt. Wir wurden freundlich eingeladen und mit Getränken versorgt, unsere vierbeinigen Freunde fanden am zugehörigen Spielplatz frisches Gras zur Stärkung. Die laute Musik und das Probereiten einiger Gäste brachte sie nicht aus der Ruhe, im Gegenteil, sie genossen die Aufmerksamkeit. Trotz leichter Verständigungsprobleme hatten wir sehr viel Spaß mit den Einheimischen. Leider mussten wir bald Abschied nehmen, wir wollten unser Quartier auf der Luscha Alm, einem Teil der Petzen, die den östlichen Ausläufer der Karawanken bildet, noch vor der Dunkelheit erreichen.
Gut gelaunt ging es weiter, der Weg führte uns an einer kleinen Kirche, die für alle Religionen als Unionskirche erbaut worden war, vorbei. Bald darauf hatten wir unser Ziel, den Gasthof Riepl auf 1.249m Seehöhe, erreicht. Nachdem wir Scatty, Dunnit und Chico gut mit Kraftfutter und Heu versorgt hatten, verlebten wir eine letzten sehr unterhaltsamen und lustigen Abend.
Der nächste Morgen… Alfred war schon munter, unsere Pferde auch… sie hatten sich aus dem Staub gemacht. Trotz der vielen Kilometer, die wir am zweiten Tag zurückgelegt hatten, waren unsere Quarter Horse anscheinend noch kein bisschen müde und wollten nicht auf uns Langschläfer warten. Wir nahmen die Verfolgung auf und fanden sie nach kurzer Suche unversehrt wieder. Sie hatten sich tatsächlich schon Richtung Heimat aufgemacht. Zurück am Gasthof nahmen wir unser Frühstück ein, ein letztes Mal packten wir unsere Sachen und sattelten unsere Pferde. Schade, wir wären gerne länger geblieben.
Unser Weg nach Hause führte uns am Peršmanhof vorbei. Der Bergbauernhof war ab 1942 ein wichtiger Stützpunkt der Widerstandsbewegung gegen das NS-Regime. Heute ist hier ein Partisanenmuseum untergebracht, das an die damalige Zeit erinnert.
Mit neuem Gesprächsstoff im Gepäck ritten wir weiter. Die Schotterstraße führte stetig bergauf, oftmals saßen wir ab und gingen unseren Pferden voran. Nach wenigen Metern waren wir außer Atem und uns wurde bewusst, wie ausdauernd dagegen unsere vierbeinigen Gefährten sind.
Auf einer Bergkuppe angekommen lichtete sich der Wald. Unter uns, ganz klein, konnten wir unseren Heimatort Altendorf sehen. Unser Abenteuer war fast zu Ende, kurze Zeit später, einem Forstweg bergab folgend, sollten wir wieder zu Hause sein, reich an wunderbaren Erfahrungen und Erinnerungen, und stets bestens unterstützt von unseren treuen Freunden Scatty, Dunnit und Chico.